Während aktuell besonders in Großstädten viele Eltern händeringend nach einem Betreuungsplatz für ihren Nachwuchs suchen, obwohl bereits seit mehreren Jahren ein Rechtsanspruch darauf besteht, sah die DDR ein komplexes Betreuungssystem für den Nachwuchs vor. Kita- und Krippenplätze waren garantiert und nach der Schule verbrachten Kinder im Grundschulalter die Nachmittage im Schulhort.
Gesicherte Ganztagsbetreuung: Horte in der DDR
Das System der organisierten Kinderbetreuung in der DDR übte Vorbildfunktion aus. Es bestand nicht nur ein Rechtsanspruch auf Plätze in Krippen und Kindergärten, der Staat wurde dem auch in vollem Umfang gerecht. Nach der Schule konnte die Hortbetreuung wahrgenommen werden. Damit verbrachten Kinder in der DDR nicht selten bis zu zehn Stunden täglich in staatlichen Einrichtungen. Die SED verfolgte mit diesem Konzept in erster Linie auch politische Interessen. Wussten die Eltern ihre Kinder im Hort gut aufgehoben, hatten sie den Kopf frei, ihrer Arbeit nachzugehen und es konnte Ausfallzeiten und Arbeitskräftemangel vorgebeugt werden.
Nicht zuletzt konnte die Hortbetreuung dazu beitragen, die Erziehung der Kinder im Sinne der sozialistischen Ideologie auch weitgehend auf den Freizeitbereich auszuweiten. Damit dämmte die SED-Führung die Beeinflussung der Kinder durch westliche Medien und unerwünschte und unkontrollierte Kontakte weitgehend ein. Kamen die Kinder am Abend nach Hause, blieb meist nur das gemeinsame Abendessen vor dem Schlafengehen und damit wenig Zeit für die persönliche Entfaltung.
Der Hort als fester Bestandteil des einheitlichen sozialistischen Schulkonzeptes
Der Schulhort prägte den Alltag von Generationen von Kindern, die in den 1970-er bis 1980-er Jahren in der DDR geboren wurden. Der Hort stellte den Übergang der Ganztagsbetreuung in den Kindertagesstätten zum Schulalltag dar und entsprach der Anfang der 1970-er Jahre zunehmend aufkommenden Nachfrage nach Betreuungsplätzen für Vorschulkinder. Den Hort konnten Schüler der ersten bis vierten Klassen besuchen.
Die Einrichtung war nicht nur nach Schulschluss Anlaufpunkt, sondern konnte auch vor Beginn der Schule aufgesucht werden, damit die Eltern pünktlich zur Arbeit erschienen. In den meisten Produktionsbetrieben und Verwaltungen der DDR begann die Arbeit bereits um 6 Uhr morgens. Die Öffnungszeiten der Horte waren daran angepasst und die Einrichtungen standen in der Regel zwischen 6 und 17 Uhr zur Verfügung.
Der Alltag im Schulhort in der DDR
Der Hort war aus dem Schulkonzept der DDR nicht wegzudenken und fest im sozialistischen Bildungskonzept integriert. Dem Schulhort kam eine Betreuungs- und Bildungsfunktion zu. Die ideologische Bildungsaufgabe stand dabei im Vordergrund und wurde durch speziell geschulte Fachkräfte umgesetzt. Vor dem politischen Umbruch in der DDR war der Hort eine stark nachgefragte Einrichtung. Im Jahre 1989 waren ganze 81 Prozent der Schüler der Klassen 1 bis 4 im Schulhort gemeldet.
Ein Teil der Kinder besuchte den Hort bereits am frühen Morgen und bekam dort Gelegenheit, sich auf die Schule vorzubereiten. Nach Unterrichtsende oder in der Mittagspause gingen die Klassen geschlossen zum Mittagessen. In den Hortgebäuden befanden sich in der Regel auch die Speiseräume. Bereits seit den 1950-er Jahren wurde in der DDR eine Schulspeisung angeboten und meist durch eigene Schulküchen abgesichert.
Der Mittagsschlaf als Pflichtprogramm
Nach dem Mittagessen war für die Schüler der 1. Klasse der Mittagsschlaf Pflichtprogramm. Die Kinder waren angehalten, wenigstens eine Ruhezeit einzuhalten, auch wenn sie nicht schlafen konnten oder wollten. Die DDR-Bildungspolitik machte den Mittagsschlaf in Schulhorten zur Pflicht. Es stand zur Aufgabe, den Kindern einen geordneten und stabilen Tagesablauf zu bieten. Während der anstehenden nachmittäglichen Betreuung sollten die Kleinen wieder aktiv, leistungsbereit und konzentrationsfähig erscheinen. Tatsächlich wurde dem Mittagsschlaf von Grundschülern auch im Rahmen pädagogischer Untersuchungen in der DDR vermehrt Aufmerksamkeit geschenkt.
Horte in der DDR: Die Gestaltung des Nachmittagsprogramms
Nach dem Mittagsschlaf folgte die allgemeine hygienische Unterweisung. Die Kleinen mussten sich in gemeinschaftlichen Waschräumen Hände und Gesicht säubern und die Zähne putzen. Anschließend folgte die Vesper. Dabei wurden alle Kinder am Tisch versammelt und nahmen eine kleine Mahlzeit in Form von Tee, Milch, Kakao und Gebäck ein. Danach stand die Erledigung der Hausaufgaben auf dem Programm. Es waren alle Aufgaben zu erledigen, damit die Eltern von dieser Pflicht nach Feierabend entbunden wurden und sich voll und ganz auf den nächsten Arbeitstag und die eigenen damit verbundenen Aufgaben konzentrieren konnten.
Hausaufgaben im Fokus
Die Hausaufgabenerledigung folgte in ihren Prinzipien dem Schulalltag. Die Kinder hatten aufmerksam und konzentriert zu arbeiten. Es wurde zu Fleiß, Ordnung und Disziplin aufgerufen. Gelöste Aufgaben waren dem zuständigen Erzieher zur Kontrolle vorzulegen. Ordentlich erledigte Aufgaben wurden durch die Unterschrift der Erzieher bestätigt. Bei einer unzureichenden Aufgabenerfüllung wurde das Kind auf Verbesserungen hingewiesen und musste die Arbeit verbessern oder nochmals von vorn damit beginnen.
Wer für seine Hausaufgaben die Unterschrift der Erzieher erhalten hatte, durfte bis zum Ende der Hortzeit und der Abholung durch die Eltern frei spielen. Dafür standen verschiedene Spiele, Bücher, Puppen und ähnliches zur Verfügung. Nicht jeder Schulhort verfügte in der DDR über einen Spielplatz im Außenbereich, sodass sich die Kinder meist Indoor aufhalten mussten.
Die Qualifikation der Erzieher
Wer in einem Schulhort der DDR als Erzieher tätig werden wollte, musste eine entsprechende Vorbildung besitzen. Gefordert war ein Fachstudium an pädagogischen Instituten, wie dem Institut für Lehrerbildung. Nach abgeschlossener Ausbildung durften die Pädagogen als Lehrer ein Fach in der Unterstufe unterrichten. Die in den Horten tätigen Erzieher arbeiteten eng mit den jeweiligen Klassenlehrern und übrigen Pädagogen der Einrichtung zusammen. Dabei kam den Horterziehern jedoch keine Beurteilung der Leistungen ihrer Schützlinge zu. Dies oblag allein den Lehrern in den Schulen.
Wie wurden Horte in der DDR finanziert?
Der Hort war der jeweiligen Schule angegliedert und wurde damit vom Staat finanziert. Die Betreuung in den Horten der DDR war kostenfrei. Eltern mussten nur die anteiligen Kosten für die Verpflegung tragen. So erhielten alle Kinder auf Wunsch eine Portion Milch. Diese wurde in der „Milchpause“ zu sich genommen. Eine Portion Milch kostete etwa 20 Pfennige und stand in den Sorten Vanille, Erdbeere oder Kakao zur Verfügung. Für das Mittagessen mussten 55 Pfennige bezahlt werden. Dafür gab es Nachschlag, bis die Essensvorräte aufgebraucht waren.