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Warum darf man Sterbende nicht beim Namen rufen?

beerdigung
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Mitunter ranken sich um bestimmte Bräuche und Rituale rund um den Tod Legenden und Mythen. Eine besagt zum Beispiel, dass man den Sterbenden nicht beim Namen rufen soll. Aber warum darf man Sterbende nicht beim Namen rufen? Wir zeigen dir, was dahinter steckt.

Warum man Sterbende nicht beim Namen rufen sollte: Das steckt dahinter

Der Mythos, Sterbende nicht beim Namen zu rufen, geht in unseren Breitengeraden auf das frühe Mittelalter zurück. Denn der Prozess des Sterbens wurde mit der „Fahrt“ der Seele in den Himmel gleichgesetzt. Wer dabei den Sterbenden „stört“, der riskiert, dass der Sterbende beziehungsweise seine Seele nicht in den Himmel gelangt. Daher war das „Anrufen“ eines Sterbenden mit seinem Namen nicht nur verpönt, es wurde je nach Herrschaftsgebiet in der christlichen Welt auch unter Strafe gestellt.

Dabei lohnt es sich, einen Blick über den Tellerrand hinaus zu tätigen. Denn nicht nur in unseren Landstrichen gibt es Rituale, die „komisch“ oder fremd anmuten. Der Tod wird überall auf der Welt anders gefeiert. Wir zeigen dir die interessantesten Trauerrituale weltweit.

So trauert man in Afrika

Auf dem Kontinent Afrika hat sich das Trauern über die Jahrhunderte hinweg stark verändert. Noch heute gibt es mitunter gravierende Gegensätze, was nicht zuletzt an der kulturellen Vielfalt des Landes liegt.

Madagaskar

Beim Fest „Famadihana“ gedenkt man in Madagaskar der Toten; und das Ganze mit einer gehörigen Portion Freude. Denn im Inselstaat geht man davon aus, dass der Geist eines Verstorbenen in die Welt zurückkehrt. Zumindest, wenn der Körper vollständig vergangen ist. Daher werden die sterblichen Überreste der Verstorbenen alle sieben Jahre aus der jeweiligen Gruft herausgeholt und präsentiert. Die Angehörigen halten die Gebeine dabei im Arm und tanzen sogar mit ihnen. Nach der Festivität werden die Knochen mit Grabbeilagen wieder in die Gruft getragen, wo sie bis zum nächsten Auftritt unter Verschluss bleiben.

Ägypten

Gänzlich anders geht es in Ägypten zu. Obwohl das Land seine Toten eine Zeit lang auch deutlich lauter „beweint“ hat. Im Alten Ägypten griff man dabei sogar auf eigens engagierte Frauen zurück. Diese sogenannten Klageweiber begleiteten den Trauerzug und machten dabei ihrem Namen alle Ehre. Sie klagten nicht nur lautstark über den Verlust des Verstorbenen, sie rauften sich dabei auch die Haare oder schlugen sich auf ihren entblößten Oberkörper. Als der Islam als Religion Einzug hielt, veränderte sich das Trauerritual. Zwar werden die Toten immer noch bedauert, aber längst nicht mehr so lautstark.

sphinx in ägypten
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Das sind die spektakulärsten Trauerrituale in Asien

Selbstverständlich kann auch der größte Kontinent der Erde verschiedene Trauerrituale darbieten. Dabei weisen die einzelnen Regionen bemerkenswerte Unterschiede auf. In vielen Ländern dieses Erdteils spielt dabei der Hinduismus eine große Rolle.

Indien

So auch in Indien. Denn ein Großteil der indischen Bevölkerung gehört dem hinduistischen Glauben an. Dabei betrachtet der Hinduismus den Tod auf seine ganz eigene Art und Weise. Denn hier glaubt man daran, dass der Mensch wiedergeboren wird. Hierbei spielt das Karma eine gewaltige Rolle, wobei das Karma stellvertretend für die guten Taten eines jeweiligen Menschen steht. Je größer das Karma, desto besser ist die Form, in der man wiedergeboren wird.

Tibet

In Tibet haben die Körper der Verstorbenen auch nach dem Tod noch eine Aufgabe. Denn die menschlichen Kadaver werden zerlegt, die Knochen zermahlen und mit geröstetem Gerstenmehl vermischt. Anschließend dienen sie den Aasfressern, auch Geier genannt, als Futter. Dabei gilt dieses Trauerritual als besonders tugendhaft in der Region, da es kleinere Lebewesen schützt. Denn, anstatt dass diese den Geiern zum Opfer fallen, „opfert“ man den jeweiligen Leichnam.

beisetzung in tibet
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Sulawesi

Deutlich ausgelassener geht es in Sulawesi zu. Hierbei handelte es sich um die viertgrößte Insel Indonesiens. Das Land besitzt eigentlich eine große muslimische Gemeinde; ganz im Süden existiert jedoch das Volk der Toraja, die eine Mischung aus Naturreligion und Christentum zelebrieren. Nach dem Tod eines Menschen wird der Leichnam einbalsamiert und somit konserviert. Ab jetzt beginnt die eigentliche Trauerzeit.

Denn für einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren verbleibt der Leichnam bei seinen Angehörigen im Haus. Nach dem Ende dieses Rituals wird der Leichnam dann unter lautem Jubel und verschiedenen Festivitäten bestattet. Denn der Tod gilt hier als Höhepunkt des Lebens. Einmal im Jahr werden die Toten exhumiert und durchs Dorf getragen. Dabei ist es nicht unüblich, ihnen neue Kleidung anzuziehen.

Bali

Auf der Insel Bali werden die meisten Verstorbenen verbrannt. Das Ganze gleicht aber eher einer großen Festivität, denn auch auf der Insel Bali ist der Tod eines Menschen grundsätzlich ein „freudiges“ Ereignis. Hier glaubt man daran, dass das Verbrennen die Seele der Verstorbenen befreit. Das kann dann schonmal groß und ausgelassen gefeiert werden. Als 2008 zwei Mitglieder der königlichen Familie zusammen mit knapp 70 Bürgern eingeäschert wurden, fügte man dem Feuer auch noch einen hölzernen Drachen und einen hölzernen Bullen hinzu, um die Toten besonders zu ehren.

Warum darf man Sterbende nicht beim Namen rufen? Beerdigungsrituale in Nord- und Südamerika

Auch in Amerika gibt es einige verschiedene Totenkulte. Hierbei zeigt sich die Vielfalt des Kontinents, denn die einzelnen Rituale unterscheiden sich zum Teil sehr.

Mexiko

Einmal im Jahr wird in Mexiko der Tag der Toten gefeiert. Der Día de los Muertos wurde schon von den Ureinwohnern gefeiert und kann dementsprechend auf eine lange Tradition zurückblicken. Dabei verkleiden sich alle Einwohner in der Nacht zum ersten November als Skelette. Die Straßen sind mit Blumen und Altären geschmückt, zudem gibt es verschiedene Speisen. Natürlich stilecht in der Form eines Totenschädels. Was sich für Europäer eventuell befremdlich anhört, ist in Mexiko selbstverständlich. Denn hier bedeutet das Sterben nicht das Ende. Viel mehr glauben die Menschen, dass die Seele eines Verstorbenen ins Jenseits übergeht und einmal im Jahr die Erde besucht, um mit den Angehörigen zu feiern.

New Orleans

In der Stadt des Jazz steht auch die Beerdigung ganz im Zeichen der berühmten Musikrichtung. Denn hier kommt der Trauerzug „swingend“ an. Das Trauerritual beginnt dabei zunächst mit schweren, melancholischen Noten; nach erfolgter Beisetzung hingegen kommen die rhythmischen Klänge des Jazz zum Vorschein. Das Spektakel soll auf einige der berühmten verstorbenen Musiklegenden der Stadt zurückgehen. Diese wollten, dass man ihr Ableben als öffentliches Ereignis fröhlich zelebriert.

Santa Muerte

Bei Santa Muerte handelt es sich um keinen Ort. Vielmehr handelt es sich um eine Schutzpatronin. Die „heilige Frau Tod“ wird in Mittel- und Lateinamerika verehrt. Dabei hat Santa Muerte keinesfalls die Aufgaben der „herkömmlichen“ Tods. Sie wird für Liebe, Glück oder Schutz angerufen. Allerdings gleich ihr Aussehen stark dem „klassischen“ Tod. Auch sie kommt als Skelett mit einer Sense daher.

santa muerte
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Jamaika

Laut der Traditionen auf Jamaika sind neun Tage nötig, damit die Seele einer verstorbenen Person deren Körper verlassen kann. Entsprechend findet in Jamaika eine Totenwache von neun Tagen statt. Diese wird auch streng eingehalten, denn bei einer zu frühen Beisetzung soll der Verstorbene sich in einen rachsüchtigen Geist verwandeln. Am 9. Tag, nach Mitternacht, wird die Trauerzeit beendet und das Leben des Verstorbenen mit einem ausgelassenen Fest gewürdigt.

Amazonas

Auch der Amazonas kennt seine eigenen Trauerriten. Der Stamm der Yanomami verbrennt ihre Verstorbenen und zermahlt die Reste zu einem Pulver. Zu besonderen Festen wird das Pulver zusammen mit gekochten Bananen von den Angehörigen verzehrt. Dadurch sollen die positiven Eigenschaften einer Person eingenommen und verinnerlicht werden. Dabei ist der Verzehr aber einzig den engsten Familienangehörigen vorbehalten.

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